Russland besser verstehen – Buchtipp

Ich wäre nie selber auf die Idee gekommen, nach Russland zu gehen. Und schon gar nicht wegen einer medizinischen Behandlung, sicher nicht. Zu fremd war für mich dieses Land, scheinbar  vom KGB durchdrungen, irgendwie von Grund auf verdächtig. Verschlossen. Häufig sind in James Bond Filmen die Russen die Bösewichte, kaum ein Tag, an dem Putin nicht in den Medien erwähnt wird, der schon seit zwanzig Jahren erfolgreich seine Macht zementiert. Das kyrillische Alphabet, das so ungewohnt ist und wenn ich die unbekannten Zeichen sehe, ich das Gefühl habe, ein Analphabet zu sein. Beispiel eines kyrillischen Schriftzugs gefällig? Also:

«Die Schweiz» auf Russisch: Швейцария

Weil das Universitätsspital Zürich an mir keine Stammzelltransplantion durchführt, habe ich mich aber entschieden, ins unbekannte Russland zu reisen.

Eine grosse Hilfe, dieses Riesenreich besser zu verstehen, ist Wladimir Kaminers Buch «Goddbye, Moskau – Betrachtungen über Russland». Auf 223 Seiten schreibt er in rund 40 Aufsätzen, wie Russland funktioniert, beschreibt Szenen aus dem Alltag und macht viel Unverständliches verständlicher. Kaminer schreibt mit viel Witz über die Russen und bringt dem Leser deren Seele näher. Ich meine: Ein Brückenbauer und deshalb lesenswert.

Der Klappentext: «Wladimir Kaminer blickt anlässlich des 100. Jahrestages der Oktoberrevolution auf seine alte Heimat und sieht ein Land auf der Suche nach sich selbst. Das kommunistische Experiment ging unter dem Applaus der freien Welt zu Ende, die Menschen aber sind noch da, und sie brauchen eine Perspektive. Der Kapitalismus lockt als neues Erfolgsmodell, doch die Russen suchen unter der harten Sonne des Kapitals vergeblich nach einem schattigen Plätzchen. Überall liegen bereits die Handtücher anderer Länder. Statt Wohlstand, Fortschritt und Freiheit regieren Repression und Angst. Die politische Führung unter Putin beherrscht zwar die alten Techniken des Machterhalts, aber keine zur Gestaltung der Zukunft. Vorbei an Europa hat sie den Weg in die Vergangenheit und die Isolation eingeschlagen. Mehr als genug Stoff also für eine liebevoll verzweifelte Auseinandersetzung mit Russland.»

Wladimir Kaminer, Goodbye Moskau – Betrachtungen über Russland, 2017, 223 Seiten.

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